28. März 2024

Mentalitätsschach auf einem Hochseil – ohne Sicherheitsnetz

Palma, Brian de: Mission Impossible (1996)


Wenn man an den Agentenactionfilm „Mission: Impossible“ aus dem Jahr 1996 denkt, dann denkt man an die Szene, in der Ethan Hunt (Tom Cruise) mit einer Hand an einer Steilwand hängt, während er mit der anderen Hand eine Geheimnachricht empfängt, die sich kurz darauf durch eine Explosion selbst zerstört. Tatsächlich beginnt der erste Film, der auf mittlerweile sechs Filme angewachsenen Reihe, mit einem Täuschungsmanöver in Kiew und die erwähnte Szene eröffnet erst den zweiten Teil.

Verwirrspiel, Intrigen und die Jagd nach einem Maulwurf

Mit diesem Täuschungsmanöver soll eine NOC-Liste (Non-Original-Cover) der CIA wieder aufgefunden werden. Die Liste, die aus zwei Teilen besteht, enthält alle Decknamen (Teil 1) und die dazugehörigen Klarnamen (Teil 2) aller Undercover-Agenten der CIA in Mittel- und Osteuropa. Wer beide Teile besitzt, kann alle diese Agenten auffliegen lassen, darum ist die Liste nicht nur sehr wertvoll, sondern auch tödlich.

Die erste Hälfte der Liste ist kurz bevor die Handlung des Films einsetzt in die Hände eines unbekannten Gegenspielers gefallen und die zweite Hälfte soll bei einem anstehenden Botschaftsempfang in Prag gestohlen werden. Hunt und sein Team sollen im Auftrag des IMF (Impossible Missions Force) herausfinden, wer den zweiten Teil der Liste stehlen will und an wen sie anschließend übergeben werden soll. Allerdings wird Hunts Gruppe verraten und alle Teammitglieder bis auf Hunt sterben, zumindest vermeintlich – all das gehört zur sich entspinnenden Intrige.

Mission:Impossible 1
Mission:Impossible 1

Die Intrige ist notwendig, um einen Maulwurf innerhalb der CIA zu enttarnen. Hunt steht nun als einziger Überlebender des fehlgeschlagenen Einsatzes im dringenden Verdacht dieser Maulwurf zu sein. Er verliert die Rückendeckung seines Arbeitgebers IMF und muss ab sofort auf eigene Faust handeln. Er muss, um den Maulwurf zu enttarnen, die echte NOC-Liste aus dem Tresor des CIA-Hauptquartiers in Langley stehlen. Dafür stellt er ein neues Team aus in Ungnade gefallenen CIA-Agenten zusammen. Dazu gehören neben Claire, die Frau des ehemaligen, nun getöteten Kopfs der Gruppe, die das Massaker an Hunts Team ebenfalls überlebt hat, der Computerexperte Luther und die agentische Allzweckwaffe Franz Krieger.

Der Diebstahl im CIA-Hauptquartier – Hitchcocks tickende Bombe

Es wird dem Meister des Spannungsaufbaus, Alfred Hitchcock, zugesagt, dass er das Motiv der tickenden Bombe erkannt und immer wieder eingesetzt hat. Es besagt, dass eine tickende Bombe unter einem Tisch keine Spannung erzeugt, wenn niemand davon weiß, sie dann aber plötzlich explodiert. Spannung wird erzeugt, wenn der Zuschauer weiß, dass dort eine tickende Bombe liegt, die bald explodieren wird. Dieser kleine Wissensvorsprung macht den Reiz aus.

Der Coup - Mission:Impossible 1
Der Coup – Mission:Impossible 1

So ist es auch mit dem Coup, den Hunt und sein Team mit dem Diebstahl der zweiten Hälfte der NOC-Liste planen. Der Zuschauer erfährt von den vielfältigen Sicherheitssystemen: Temperatur, Gewichtsunterschiede, Akustik und dass es nur einen Menschen gibt, der Zutritt hat. Mit dieser Vorausschau werden verschiedene Dinge auf die Spitze getrieben: zuerst natürlich die Spannung , weil es nahezu unmöglich ist, die Liste zu stehlen, „impossible“ eben. Dann werden zudem die herausragenden körperlichen und akrobatischen Fertigkeiten des Agenten Hunt herausgestellt und nicht zuletzt die Wichtigkeit der zu stehlenden Daten betont. Diese Art der Vorausschau greifen auch „Ocean‘s Eleven“ von Steven Soderbergh oder die „Sherlock Holmes“-Filme von Guy Ritchie erfolgreich auf.

Aus der Mischung Plan, Hindernisse, Durchführung entsteht also die von Hitchcock beschriebene tickende Bombe Spannung. Natürlich geht der vorgenommene Plan nicht eins-zu-eins auf und es muss improvisiert werden, was die Spannung weiter steigert. Letztlich jedoch gelingt der Coup.

Athlet und Spieler, täuschen und ködern

Er gelingt jedoch nur, weil Ethan Hunt gleichzeitig ein herausragender Athlet ist und ein begnadeter Stratege. Weil er ein Spieler, ein Täuscher und Joker ist und dennoch einen kühlen Kopf bewahrt. Alles Charaktermerkmale, die durch die komplette Reihe beständig sind.

Weitere Merkmale, die in allen Filmen auftauchen, sind, dass Hunt von seinen eigenen Leuten verraten wird und alleine kämpfen muss, nur umgeben von einem kleinen Team aus Freunden. Er steht alleine mit dem Rücken zur Wand. Sein Arbeitgeber jagt ihn, während er zugleich die Arbeit macht, die sein Arbeitgeber hätte machen sollen. Diese einer-gegen-alle-Konstellation ist sehr reizvoll. Immer gleich bleibt auch, dass das Geschäft, in dem sich die Agenten des IMF bewegen, eines von Masken und noch mehr Masken ist, wobei es immer darum geht, die Pläne der Gegenseite zu demaskieren. Hunt ist ein Meister darin, andere zu überzeugen und zu manipulieren.

Dies ist es auch, was „Mission: Impossible“ von anderen Agententhrillern abhebt: die ständige Intrige und das Außenseitertum gepaart mit dem Maskenspiel und speziellen Fertigkeiten, die nur Ethan Hunt aufweist. James Bond ist zwar auch ein Spieler, aber er weiß in der Regel seinen MI6 hinter sich und Jason Bourne setzt mehr auf seine schiere physische Durchsetzungskraft. Hunt aber täuscht, plant, spielt, riskiert und geht dabei klar an seine weit gefassten Grenzen. Es ist eine Art Mentalitätsschach auf einem Hochseil – natürlich ohne Sicherheitsnetz.

Hierbei sind die täuschend echten Gummimasken und der Moment, wenn sie nach einer erfolgreichen Täuschung abgezogen werden, eingegangen in die Ikonologie des modernen Kinos. Auch das zeichnet die „Mission: Impossible“-Filme aus.

Ein Agententhriller ist ein Agententhriller ist ein …

Mission:Impossible 2
Mission:Impossible 2

Letztlich bleibt „Mission: Impossible“ ein Agententhriller, wobei das Verwirrspiel mit allerlei Intrigen zwar für den Zuschauer teilweise verwirrend, aber dennoch überwiegend spannend ist. Er ist aber gleich danach auch ein Actionfilm, was man am bombastischen Ende erkennen kann. Dies zeigt sich in einer wilden Verfolungsjagd zunächst in einem Hochgeschwindigkeitszug und anschließend auf dessen Dach mit angreifendem Hubschrauber. In diesem Finale Furioso treffen alle konkurrierenden Parteien des Films aufeinander: Hunt, der Maulwurf, die CIA und der Käufer der brisanten Daten.

Dem eigenen Ansatz folgend endet der Film mit zahlreichen Täuschungen und unerwarteten Wendungen. Tote stehen wieder auf, Freunde entpuppen sich als Gegenspieler und Jäger als geheime Verbündete. Nur unter Einsatz seiner kompletten körperlichen und mentalen Fähigkeiten kann Agent Hunt die Verwirrspiele entwirren, die je näher sie dem Ende kommen umso verwirrender sind. „Mission: Impossible“ erfüllt komplett, was man sich als Kinozuschauer von einem Agentenactionthriller verspricht und beinhaltet mit dem Maskenspiel oder den schier unmöglichen Coups manche erzählerischen Elemente, die durch die gesamte Filmreihe tragen.

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