Besprechung zur Fernsehserie: iZombie
Nach der großen Schwemme an Zombies in den letzten Jahren, meisterhaft vertreten durch The Walking Dead, überdreht vertreten durch Z-Nation oder sogar humorvoll vertreten durch Warm Bodies, ist der Raum für Innovationen im Genre immer kleiner geworden. Aktuell hat man die Wahl, das Genre erzählerisch gekonnt zu bedienen oder sich eine neue Nische zu suchen, die allerdings sehr eng ist oder im negativen Fall sogar konstruiert wirkt.
Für eine solche Nische haben sich die Macher der Fernsehserie „iZombie“ entschieden und eine Zombie-Krimi-Serie entworfen. (weiterlesen)
Zombie 2.0
In „iZombie“ geht es um die junge Medizinerin Olivia ‘Liv‘ Moore, die gemeinsam mit ihrem Kollegen und Sidekick Ravi Chakrabarti in der Pathologie der Kriminalpolizei arbeitet. Blöd nur, dass Liv in der ersten Folge nach einem Zombiebiss selber zu einem wird. Glücklicherweise ist sie ein Zombie 2.0. Sie hat zwar Appetit auf menschliches Hirn, aber nicht so sehr, dass ihr eigenes dafür komplett aussetzt. Sie behält ihr Bewusstsein, womit die Abweichung vom schlurfenden, nicht denkenden Standardzombie groß ist. Diesen Ansatz des Zombies mit Bewusstsein haben auch schon „Warm Bodies“, „Santa Clarita Diet“ oder mit Einschränkungen „Z-Nation“ angewandt.
Das Zombiedasein hat sogar einige Vorteile, immerhin kann man Liv nicht mehr töten (außer durch Zerstörung des Gehirns). Tot zu sein heißt auch nur, etwas blasser zu sein als zuvor und man ist dem Leben gegenüber abstumpft – was zu teilweise lustigem bis hin zu sarkastischem Humor führt. Das neuartige Element von „iZombie“ ist, dass Liv durch das Essen von menschlichem Gehirn die Erinnerungen des ehemaligen Besitzers visionenhaft übernimmt. Das ist natürlich äußerst praktisch, wenn man bei der Polizei arbeitet und nach Verbrechern fahndet.
Skurriler Humor als Stärke
Der sarkastische Humor, der die Serie auszeichnet, entsteht auch daraus, dass Liv mit dem Essen des Hirns nicht nur Erinnerungen übernimmt, sondern auch Teile der Persönlichkeit des ursprünglichen Besitzers auf sie abfärben. So wird sie mal zu einem Macho, dann zu einem stets fluchenden Arsch oder auch nur sexuell leicht reizbar. Dieses Element produziert immer wieder lustige Situationen. Mit der Zeit nehmen diese fremden Persönlichkeitsmerkmale wieder ab, sie werden sozusagen verdaut.
Humor entsteht auch, wenn Liv mit Polizeidetektive Clive auf Verbrecherjagd geht. Clive darf nicht wissen, dass sie ein Zombie ist, also erzählen Ravi und Liv, sie sei ein Medium und die verspeisten Erinnerungen Visionen. Das ist zwar auch nicht glaubwürdig, aber doch besser als Zombie. Während die Figur des Ravi offen und neugierig ist, muss für den Polizisten Clive alles nach klaren Regeln ablaufen. Ein jedes hat seine Vorschrift und für alles findet sich eine Erklärung. Aus den unterschiedlichen Wissensständen entstehen lustige Situationen. Entweder ist Clives auf rationales Verständnis ausgerichtetes Weltbild komplett überfordert oder Liv muss ihren Daseinszustand notdürftig verheimlichen.
Natürlich gibt es auch einen Bösewicht. Er heißt Blaine und war einmal ein kleiner Dealer. Seit Blaine ein Zombie ist, hat er durch Kratzer und Bisse einige Menschen verwandelt und beliefert diese nun gegen gutes Geld mit Gehirn. Er hat sein altes Geschäftsmodell sozusagen an die neuen Gegebenheiten angepasst, was eine gelungene Idee ist. Liv und Ravi können Blain nicht einfach ausschalten, weil nur er die weiteren Zombies in der Stadt kennt und ohne seine Lieferungen kann nicht vorhergesehen werden, was noch geschehen wird. Eine Epidemie, die Apokalypse, wäre nicht aufzuhalten.
Zombie-Mode, Full-On-Zombie-Mode
Mit einer Ausnahme hat Liv ihren neuen Zustand gut im Griff. Wenn sie zornig ist, verliert sie die Beherrschung und verfällt in den Full-On-Zombie-Mode. Als 99 Prozent-Zombie ist sie schneller, stärker und aggressiver. Gleichzeitig vergisst sie sich weitgehend. Diesen Zustand kann sie bewusst heraufbeschwören. Deutlich schwieriger ist es, wieder aus diesem Zustand wieder heraus zu kommen, damit er nicht dauerhaft wird.
Denn die Serie stellt es so dar, dass aus den 99 Prozent auch 100 Prozent werden können. Aus dem Full-On-Zombie-Mode müsste das Mode gestrichen und durch ein tatsächliches Sein ersetzt werden. Es bliebe das selbstvergessene Existieren als lebende Leiche. Neben Liv existieren weitere dieser Zombies mit Bewusstsein, nur weiß man nicht, wer alles betroffen ist. Außerdem verwandelt sich in einen klassischen Zombie, wer nicht genug Hirn bekommt. Man entwickelt dann erst Heißhunger und wird schließlich zu einem echten, klassischen Zombie.
So wie es die Drohung der dauerhaften Verwandlung gibt, so gibt es auch die Hoffnung auf eine Rückkehr zum normalen Menschen. Ravi forscht mit unterschiedlichem Erfolg an einem Gegenmittel. Liv braucht diese Hoffnung, um zu überleben.
Wenig interessanter Auslöser
In vielen Zombiefilmen bleibt der Ursprung des Ausbruchs unklar, so wie es auch unklar ist, wie das Konzept Zombie überhaupt funktionieren kann. Dies ist für fiktionale, erzählende Texte akzeptabel, wenn auch nicht optimal. „iZombie“ jedoch gibt eine Begründung für den Ausbruch. Das Zombiedasein wird durch eine Mischung aus der Droge Utopium und einem Energydrink der Marke Max Rager hervorgerufen. Der stets gut gelaunte Wissenschaftler Ravi vermutet, dass schlafende bzw. Müll-Gene durch den Mix aktiviert werden. Gene, die im Lauf der Evolution nicht mehr gebraucht wurden. Biologisch gesehen ist das natürlich Unsinn und wenn man es konsequent weiter denkt, dann wirft diese Erklärung deutlich zu viele Fragen auf. Warum gibt es bei dieser einfachen Kombination nicht mehr Zombies? Wieso werden andere Menschen dann durch Bisse infiziert, auch wenn sie weder Utopium nehmen, noch Max Rager trinken? Wie können durch einen Biss Gene verändert werden?
Man wünscht sich, die Serie hätte auf diese Erklärung verzichtet. Das Genre sieht vor, dass man nichts erklären muss, nicht den Ausbruch und auch nicht das Zombiedasein. Aber wenn man Erklärungen gibt, dann sollten diese besser stichhaltig sein. Zumindest dramaturgisch macht diese unsinnige Erklärung Sinn, denn auf diese Weise wird mit Max Rager ein skrupellos agierender Konzern als weiterer Gegenspieler eingeführt.
Die Serie endet mit Wendungen, die eine zweite Staffel geradezu erzwingen (die mittlerweile, wie auch eine dritte Staffel, gedreht wurde). Ein potentielles Gegenmittel spielt dabei genauso eine Rolle wie die finale Auseinandersetzung zwischen Team Liv und Team Blaine.
Insgesamt macht die Serien mit ihrer Mischung aus schwarzem Humor, etwas emotionalem Kitsch und teilweise neuartigen Zombieanteilen Spaß. Angesichts der aktuellen Vielzahl an Alternativen ist „iZombie“ jedoch hauptsächlich interessant für Fans einer der beiden Genres.
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