Hochzeitspolka, (Regie: Lars Jessen, 2010) (Amazon-Link)
Wenn die deutsche Provinz zur polnischen Hochzeit ausrückt, kann es passieren, dass der deutsche Spießer Frieder den polnischen Fackelzug gegen die Gäste anführt. Inhalt und Problematik der Filmkomödie Hochzeitspolka des Regisseurs Lars Jessen sind in diesem Satz zusammengefasst. Mit Klischees zum deutsch-polnischen Verhältnis sollte derber Humor erzeugt werden. Entstanden ist jedoch eine 90-minütige Ansammlung folkloristischer Szenen, die zum peinlich berührten Wegsehen anregen.
Dabei transportiert der Film durchaus eine positive Botschaft: Gewalt und Fremdenfeindlichkeit basieren auf Missverständnissen. Das ist zwar keine Neuigkeit, aber nett in einen Film verpackt, immer neu sehenswert. Es geht um den deutschen Kleingeist Frieder (Christian Ulmen), den es als Geschäftsführer nach Polen verschlagen hat und der seine polnische Freundin Gosia (Katarzyna Maciag) heiraten will. Als dann die Mitglieder von Frieders ehemaliger Rockband Heide Hurricane unangemeldet erscheinen, kommt es schnell zu Reibereien.
Der Film gewinnt dabei, anders als typische Komödien, nie richtig an Fahrt. Er wirkt vielmehr, als wäre er in einer fortlaufenden Exposition gefangen. Zwar steigern ständig neue Enthüllungen das dramaturgische Potential, sie rufen es jedoch nie ab, weil die angedeuteten Konflikte stets in einen neuen Handlungsstrang umschlagen, nicht aber zum Ausbruch kommen. Zudem basieren die Konflikte auf den unglaubwürdigsten Missverständnissen und den plattesten Klischees, der Fortlauf der Handlung wird geradezu erzwungen. Darüber hinaus sind die Verhaltensweisen der Figuren, speziell der männlichen, erbärmlich infantil. Sie beweisen in ihren Auseinandersetzungen nicht mehr Reife als zankende kleine Kinder. Was zu Komik führen kann, führt in diesem Fall leider nur zu peinlichem Berührtsein, bestenfalls zu Klamauk.
Nicht mal durchschnittlich
Zumindest die schauspielerischen Leistungen sind durchweg gelungen. Hervorzuheben ist die polnische Schauspielerin Katarzyna Maciag, die als duldsame, liebenswürdige Gosia überzeugt. Die Hauptfigur des Frieder, als sympathischer kleiner Mann mit Fehlern angelegt, stellt sich als verlogener Antiheld heraus. An jenem Antihelden und kleinbürgerlichen Spießer arbeitet sich Christian Ulmen ab. Ulmen, der seinen Charakteren stets die Aura des sympathischen Verlierers zu geben weiß, kann der dunklen, intriganten Seite seiner Figur leider keine Kontur verleihen. Dafür liebkost er den spießigen Teil seiner Figur mit seiner gesamten Persönlichkeit. Während Regie und Kamera unauffällig bleiben, hat die Ausstattung stimmige und stimmungsvolle Szenerien konstruiert. Wenn bergeweise Umzugskartons während der Hochzeitsfeier im Neubau den Gästen zwischen den Füßen rumstehen, entsteht der überzeugende Eindruck des Unfertigen.
Insgesamt gibt es viele Gründe, warum die Komödie nicht funktioniert. Ganz deutlich zeigt es sich jedoch in der Liebesbeziehung zwischen Frieder und Gosia. Vor der Trauung fragt der polnische Geistliche, was die beiden aneinander lieben und es wird nichts besseres präsentiert, als Frieders Talent lustige Grimassen zu schneiden und Gosias gutes Aussehen. Fadenscheinig, unglaubwürdig und ein echtes Armutszeugnis für die Kreativität der Filmemacher. Was lustig gemeint ist, demontiert die Figuren und somit letztlich den Film.
Hochzeitspolka ist ein nicht mal durchschnittlicher Film. Das Ende des Films übertrifft alles. Es hat nichts mehr mit den Ereignissen des Films zu tun, sondern biegt alle aufgetretenen Probleme und Schwierigkeiten, Vorurteile und Missverständnisse gewaltsam in ein Happy End um. Mit der Bemerkung „jetzt wo wir alle Missverständnisse geklärt haben“, endet der Film in einem unpassenden Gute-Laune-Brei. Es zeigt sich, wie weit „gut gemeint“ noch immer entfernt ist von „gut gemacht“ und wie weit „Klischees darstellen“ entfernt ist davon, „in Klischees denken“ zu kritisieren.