8. Dezember 2024

How To AfD

Verteidigung deutscher Leitkultur: How To AfD (und andere extremistische, nicht religiös fanatische Gruppierungen)

Heinmat der AfDDie Aussage FCK AfD mag als persönliche Haltung wichtig sein. In der Sache ändert sie nichts. Die Anhänger der AfD definieren sich gerade über die Ablehnung, die sie durch andere erfahren. Die Aussage FCK AfD legitimiert die Partei, zumindest aus Sicht der Anhänger.

Damit einher geht die Erfahrung, dass gefühlt sehr viele Anhänger der AfD nicht offen sind für sachliche Argumente. Die AfD sieht überall Bedrohung, die befeuert wird durch die Angst, abgehängt oder abgedrängt zu werden. Es geht um emotionale Befindlichkeiten. Das macht die Auseinandersetzung schwierig und frustrierend.

Nach rund 13 Prozent BTW 2017 muss klar sein, dass man der AfD anders begegnen muss, als mit bedingungsloser Ablehnung, denn die wird durch die Brille der AfD als gutmenschelnde Besserwisserei wahrgenommen.

Dieses How To versucht ein paar der Ideen zusammen zu fassen, wie man den Anhängern der AfD begegnen könnte.

Nicht am rechten Rand abholen

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer will die Wähler der AfD am rechten Rand einsammeln. Anders ist seine Aussage nach der Bundestagswahl, dass man die offene rechte Flanke schließen müsse, kaum zu verstehen.

Allerdings ist es so, dass bei Weitem nicht alle Wähler der AfD tatsächlich am rechten Rand stehen. Klar sind sie ein ordentliches Stück abgerückt von der Mitte. Aber darum sind sie noch keine ideologisch gefestigten rechten Extremisten. Diese sind innerhalb der AfD eine kleine Gruppe. Eine Gruppe von Menschen, die als Minderheit wohl immer existieren wird. Die meisten Anhänger der AfD sind enttäuscht und wollen mit ihren Sorgen von der Politik wahrgenommen werden. Diese Wähler sehen sich als Protestwähler. Nicht eine rechte Ideologie treibt sie zur AfD, sondern das Gefühl nicht wahr- oder ernst genommen zu werden. Es ist und bleibt irrsinnig, nach rechts zu rücken, um den rechten Rand schmaler zu machen.

Probleme richtig erkannt – aber falsche Lösungen

Im Radio habe ich gehört, dass Populisten meist zwar die richtigen Probleme ansprechen, aber in der Regel falsche, weil vereinfachende Lösungen präsentieren. Welche Probleme werden angesprochen? Welche Lösungen werden präsentiert?

Problem Lösung
Aufnahme und Umgang mit den Flüchtlingen Einreise verweigern, Ausweisen
„die da oben“ Wählen eigener, extremer Vertreter
„Lügenpresse“ Konsumieren eigener, als vertrauenswürdig eingeschätzter Medien

Der Radiobeitrag lag eindeutig richtig. Anders als die Anhänger der AfD es empfinden, gibt es keine „Lügenpresse“, die geschlossen im Sinne der Desinformation arbeitet. Tatsächlich gibt es einen Meinungspluralismus. Aber gleichzeitig muss man sich eingestehen, dass die Wahrnehmung des Existierens einer lügenden Presse einen viel zu wahren Kern hat. Hierzu drei Punkte:
alle breitenwirksamen Medien schreiben mehr voneinander ab (oder präsentieren Texte von Presseagenturen wie dpa, afp, sid etc.) als mit eigenen Inhalten zu glänzen. Die Inhalte sind einander sehr ähnlich geworden, was zum Eindruck der Beliebigkeit und somit Austauschbarkeit führt.
Reißerische und irreführende Schlagzeilen sollen zu ökonomisch wertvollen Klicks führen. Die dazugehörigen Beiträge sind zu häufig nicht die Lesezeit wert, erst Recht keine Meldung. So werden zwar keine Lügen erzählt, aber man fühlt sich als Leser auch nicht ernst genommen. Denn die Wahrheit ist, dass die Schlagzeile eine Wichtigkeit oder Dringlichkeit verspricht, die der Artikel nicht hält.
In Interviews winden sich Politiker mit Politikersprech um Wahrheiten herum. Im privaten, persönlichen Bereich würde man eine solche Kommunikation – wie sie eben von der Presse verbreitet wird – als Lüge bezeichnen.

Auch die Kritik an „denen da oben“ sollte man sehr ernst nehmen. Ich zum Beispiel wähle „emblematisch“. Ich wähle danach, was die Partei eigentlich sein sollte. Die CDU wäre wertkonservativ, die SPD stünde für soziale und die FDP für freie Marktwirtschaft. Die Grünen treten demnach für die Umwelt ein und die Linke – keine Ahnung. Ich wähle nicht mehr nach Wahlprogramm, Versprechungen oder Personal. Die Parteien richten sich ohnehin so ein, wie es gerade passt – aber nicht nach ihrer politischen Überzeugung.

Dies hat die AfD richtig erkannt. „Denen da oben“ geht es zuerst um die eigene Partei und erst danach um die Lösung von Problemen.

Auch dass die Flüchtlingsfrage ein Problem ist, hat die AfD erkannt. Dass Angela Merkel mit ihrer Haltung genau das Christentum hochhält, wonach sich alle angeblich als kulturellem Erbe richten, ist ebenfalls richtig. Hier muss sich jeder selbst überlegen, inwieweit man sich mit der Nächstenliebe des Christentums oder gleichberechtigt auch der Aufklärung als großer europäischer Tradition sieht. Die AfD jedenfalls erteilt sowohl Christentum als auch Aufklärung eine deutlich Absage.

Allerdings kommt man der Flüchtlingsfrage auch nicht bei mit der Frage, ob es nun Obergrenze oder Richtwert heißen soll.

An den Taten messen, nicht an den Worten

Sascha Lobo hat für Spiegel Online vom „Windmühlen-Prinzip“ der AfD geschrieben: „Wie ein Windrad lebt die AfD-Sphäre vom Gegenwind. Sie zieht ihre Energie aus der Empörung der Gegenseite und verwandelt sie in eine Form sozial ansteckender Identifikation. Das Gemeinschaftsgefühl besteht primär daraus, dass sich die richtigen, als Feinde begriffenen Leute auf die richtige Weise empören.“ (Link) Dies funktioniert nur, wenn es einen spürbaren Gegenwind gibt und dieser wird von den etablierten Medien produziert für alle Äußerungen, die die Vertreter der AfD von sich geben.

Die Folgerung ist, dass die etablierten Medien nur noch über AfD berichten sollte, wenn sie wirklich handelt und dann auch nur sachlich (natürlich inklusive einer Einordnung). Damit bliebe ein guter Teil des Windes aus, der die AfD antreibt.

Ideal wäre es, wenn die Medien dies nicht nur erkennen würden (das haben sie schon), sondern wenn sie auch auf die Berichterstattung verzichten würden, selbst wenn dies einen Verlust an Reichweite beinhaltet. Hier sind natürlich auch die Leser gefragt, denn so lange wir alle AfD-Artikel begierig lesen, werden auch die Medien diese Artikel schreiben.

Die Filterblase zum Platzen bringen

Das führt direkt zum wichtigsten Punkt: der Filterblase. Der Begriff ist noch recht neu und bezog sich zunächst ausschließlich auf die sozialen Netzwerke. Gemeint ist, dass Algorithmen filtern, was man mag und nur noch entsprechende Angebote machen. Die Blase entsteht, weil dies ein sich selbst verstärkender Prozess ist. Wir mögen etwas, dies wird erkannt, es werden entsprechende Angebote gemacht und wahrscheinlich klicken wir zumindest darauf, was bestätigt, dass es wir es mögen.

Mittlerweile dürfte auch bekannt sein, dass der Effekt der Filterblase schon alt ist und früher als Freundeskreis oder Interessengemeinschaft bezeichnet wurde. Jeder Stammtisch zu einem bestimmten Thema ist im Prinzip eine Filterblase. Das Problem ist, wer sich innerhalb der Blase befindet, dem verschleiert sich die Sicht nach draußen. Darum verwenden die Anhänger der AfD Begriffe wie „Lügenpresse“ oder sie fühlen sich abgehängt. Die Frage ist, wie man diese Blase zum Platzen bringen kann.

Sascha Lobo hat in seinem einjährigen Versuch (siehe oben) festgestellt, was man schnell selbst feststellen kann: rationale Argumente dringen nicht durch. Lobo hat dies auf eine „emotionale Selbstvergewisserung“ zurückgeführt und behauptet, man müsse „seinen Gesprächspartnern auf emotionaler Ebene begegnen“. Lobo ist einem Lösungsansatz schon sehr nahe gekommen. Allerdings scheint es mir eher um soziale und kulturelle Selbstvergewisserung zu gehen. Mehr: „wer sind wir“ und weniger „was fühle ich“.

Insofern müssen die Anhänger der AfD in ihrem sozialen und kulturellen Umfeld angesprochen werden. Blöderweise will da keiner so wirklich hin. Wer dort hingelangt, der kann die Blase zum Platzen bringen (dieser Gedanke entstammt übrigens nicht von mir, sondern von einem Wissenschaftler, der zu extremistischen Gruppen forscht – leider habe ich das nur am Rande im Radio gehört). Wer er schafft, den Kontext bzw. den Rahmen zu ändern der bringt die soziale Blase zum Platzen.

Früher gab es neben dem Stammtisch noch den Verein, die Familie, vielleicht die Kirche – die Kontexte änderten sich. Es war schwierig, innerhalb der eigenen Blase zu bleiben. Das müssen wir im Sinne eines Meinungspluralismus wieder schaffen.

How To also?

Zusammengefasst lässt sich erkennen, dass strikte Ablehnung kein Mittel gegen die AfD ist. Dies bestärkt die Anhänger bloß in ihrem Rebellentum. Der Protest ist ihre Stärke, nicht irgendeine gefestigte Überzeugung. Dies zeigt sich deutlich in der Forderung nach einer deutschen Leitkultur. Denn als typisch deutsch müssten die christliche Nächstenliebe und die Aufklärung, die Vernunft und Verstand in den Mittelpunkt stellt, gelten. Für beides steht die AfD ganz sicher nicht. Die AfD steht für die Empörung, die aufkommt, wenn die Begriffe „deutsch“, „Leitkultur“ oder „Heimat“ im Brustton der Überzeugung verwendet werden.

  • Nicht am rechten Rand (und schon gar nicht selbst anbiedernd nach rechts rücken), sondern bei den tatsächlichen Problemen und Sorgen abholen.
  • Die Probleme und Sorgen ernst nehmen, aber eigene, alternative Lösungen anbieten
  • Dafür muss man sich in die Filter Bubble bzw. soziale Blase der AfD begeben und dort mit dem verunsicherten Menschen reden und nicht gegen den Protestler agitieren
  • Nur auf Taten der AfD reagieren. Wer auf die Worte reagiert, macht Taten daraus.

Gerne modifiziere und ergänze ich dieses How To. Zudem gehe ich davon aus, dass es auf alle extremistischen, radikalen Gruppen übertragbar ist, solange es sich nicht um religiösen Fundamentalismus handelt.


Mittlerweile habe ich zwei weitere Texte, die zu diesem Thema passen, gelesen, die ich sehr empfehle:

2 Gedanken zu “How To AfD

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