Besuch im Stasimuseum Berlin
Interessant ist das Stasimuseum Berlin in der zweiten Etage, der Minister-Etage. Diese Etage ist weitgehend so belassen, wie sie war, als die Bürgerkomitees die Gebäude der Staatssicherheit übernommen haben. Natürlich ohne Arbeitsunterlagen und persönliche Gegenstände. Aber die Möbel sind noch da, die Rahmenbedingungen der Bürokratie sozusagen und diese sind erschreckend banal.
Doch zunächst zum Museum an sich. Es ist in drei Stockwerke mit je einem linken und einem rechten Flügel unterteilt und jeder Flügel beschäftigt sich mit einem eigenen Thema. Die Themen sind zum Beispiel „Die Täter“, „Der Auftrag“ oder „Das Ende der Staatssicherheit“.
Das moderne Museum
Schnell ist klar, heutzutage muss ein Museum mehr leisten, als es ein iPad genauso könnte. Ein Tablet kann Töne, Videos, Texte und Bilder hervorragend darstellen und man kann dabei im Sessel sitzen oder auf der Couch liegen und sich die Zeit nehmen, die man braucht. Im Museum, zumindest wenn es befriedigend besucht ist, gibt es einen Besucherstrom und außerdem ist das Stehen nach nicht zu langer Zeit ermüdend und stets ist man gehetzter, als es dem Ort Museum angemessen wäre. Über weite Strecken ist das Stasimuseum nicht besser als ein Tablet-Computer.
Ein modernes Museum hat allerdings Haptik, wie fühlt sich etwas an. Es hat Authentizität, weil bestimmte Gegenstände eben zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort waren. Es hat Atmosphäre, wie fühlte es sich damals an. Im Idealfall kann es eine bestimmte Zeit oder bestimmte Orte, Umstände, Situationen so repräsentieren, als wären sie echt. Nicht echt echt, aber nachvollziehbar echt.
Brav, bieder, banal – Erich Mielkes Minister-Etage
Genau dies gelingt dem Stasimuseum in der Minister-Etage, wo auch die Diensträume von Erich Mielke waren. Hier saßen also die hohen Beamten der Staatssicherheitsbehörde und zerstörten Menschenleben. Auf diesem Schreibtisch wurden Haftbefehle unterzeichnet und auf dieser Chaiselounge ruhte man sich danach aus. In diesem Konferenzraum wurden wichtige strategische Entscheidungen getroffen und in diesem Kasino kam man danach zwanglos zusammen. Alles in gediegenen Holztönen, mutmaßlich laminiert.
Überall befinden sich in diesen Räumen hölzerne Möbel, von der Schrankwand bis zum Schreibtisch, wie sie noch heute in vielen Schulen und Amtsstuben stehen.
Dass das Böse banal sei, hatte zuerst Hannah Arendt in ihrem Buch „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ geschrieben. Im Stasimuseum lässt sich dieselbe Beobachtung machen. Die Räume dort sind nicht schrecklich, sie sind allenfalls schrecklich bieder.
Während also die erste und die dritte Etage einem animierten Geschichtsbuch nicht unähnlich sind, ist die zweite Etage ein Ort, den man besuchen muss, um ihn zu begreifen. Wer dies tut, der wird sicher auch einen leichten bis mittelschweren Schauder verspüren, weil von diesem braven, fast schon drögen Ort mit dieser banalen Einrichtung so viel Leid ausging.