28. März 2024

Das Schwert, der Schlund und der stete Hass zwischen beiden

Buchbesprechung: Breillat, Catherine: Pornokratie, Goldmann Verlag, München 2003

Die Erzählung des Romans „Pornokratie“ der französischen Regisseurin Catherine Breillat ist so krude und voller fehlerhafter Annahmen, dass selbst der Klappentext betroffen ist. Demnach beschließt eine junge Frau ein kühnes Experiment. Sie bezahlt einen schönen homosexuellen Mann dafür, dass er sie betrachtet, wenn sie nackt ist, wenn sie schläft. Sie will ergründen, was passiert, wenn er ständig mit ihren weiblichen Reizen konfrontiert ist. Wird Begehren daraus oder Hass?

Im Roman wird dann beides daraus, mal Begehren, mal Hass. In der Realität würde wohl etwas anderes geschehen – nichts.

Als Schriftstellerin fehlplatziert

Breillat, die Regisseurin von provokanten bis anstößigen Filmen wie „Romance XXX“, „Meine Schwester, ihr erstes Mal“ oder „Sex is comedy“, ist als Romanautorin überfordert. Zu sehr ergeht sich ihr Text in handlungsarmen Beschreibungen, die nicht verbergen können, dass es der Autorin wichtiger ist, ihre persönliche Sicht des Geschlechterverhältnisses zu präsentieren, als eine Geschichte zu erzählen. Nach Breillat ist das Geschlechterverhältnis geprägt von Kampf und Krieg, von Unverständnis und Ablehnung.

Detailreich präsentiert die Autorin ihren Blick auf westliche Paarungsrituale, wobei die Schilderungen weitgehend peinlich sind und zwar nicht, weil der Leser die Augen vor den Tatsachen lieber verschließen würde, sondern weil die Metaphern platt oder schlicht unpassend sind. Der Mann ist die Lanze und das Schwert, die Frau die Leere, das Unheimliche. „Sie [die Männer] kennen den Schlund, der zwischen unseren Beinen klafft. Er ist ihre Höhle, und sie allein wollen die vierzig Räuber sein.“ Natürlich muss man dabei gähnen.

Es sind nicht nur die schrägen Metaphern, die jegliche Leselust zum Verschwinden bringen, auch die Kombination der sprachlichen Bilder ist weitgehend unhaltbar. „Diese Wut der Männer, die sich gegen das Unsichtbare richtet. Der blutige Brei, in den der Mann unser Geschlecht verwandeln will, zielt darauf, das Gesicht Gottes zum Vorschein zu bringen.“ Nur notdürftig können sich die gewählten Worte als Literatur verstellen.

Die Macht der Hetero-Sexualität

Es ist grundsätzlich gut, dass Breillat der Sexualität der Frau Macht zuschreibt, bzw. die Regisseurin die menschliche Sexualität auch als Machtspiel beschreibt (auch wenn sie mit dem Vergleich des Krieges weit über die Realität hinausschießen dürfte). Aber ihre Versuchsanordnung entspricht der Umkehrung des hinterweltlerischen Diktums, dass eine lesbische Frau nur das männliche Glied spüren müsse, um von ihrer Homosexualität befreit zu werden. Indem sich der homosexuelle Mann im Roman nicht zurückhalten kann, er muss mit der Frau schlafen, stimmt Breillat diesem Diktum zu, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen. Breillat macht aus dem Unsinn von der Bekehrung der lesbischen Frau eine harte Realität der Mächtigkeit von Hetero-Sexualität.

Insgesamt ist der Leser durch das ganze Buch hindurch beständig mit nicht zu zählenden logischen Brüchen und vielen überaus schiefen Metaphern konfrontiert. Dabei hat das Buch nur 95 schmale Seiten mit relativ großer Schrift und großzügigem Zeilenabstand. Es steht also nicht viel drin in dem Heftchen.

Am Roman „Pornokratie“ von Catherine Breillat ist der Titel das Beste, ansonsten ist der Roman weder die Zeit des Lesers noch das Papier, auf dem er gedruckt wurde, wert. Zwei letzte Beweise gefällig? „Kein Glied kann sich anmaßen, die Größe des Sohnes zu erreichen, den es zeugt.“ Einen solchen Satz muss man erst mal schreiben. „und was bleibt, ist ein Narbengewebe so scheußlich wie der unendliche, stete Hass, der Mann und Frau im Beischlaf vereint.“

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